Der Weg ist das Ziel
In meinem Buch „Der Weg ist das Ziel, Patientenverfügung aus der Sicht eines Klinikarztes“ beschreibe ich 19 konkrete Situationen und zeige dann jeweils zwei mögliche Therapieoptionen auf. So können Sie als Leser anhand von Beispielen Ihre Entscheidung treffen und in Ihrer individuellen Patientenverfügung festlegen, wie Sie in der beschriebenen Situation behandelt werden möchten. In Ihrer so erstellten Patientenverfügung finden sich detaillierte Formulierungen, die nur eine Behandlungsmöglichkeit zulassen. Diese sind unabdingbare Voraussetzung dafür, dass eine Patientenverfügung gemäß Ihren Wünschen umgesetzt wird.
Leseprobe
Im Arbeitsalltag an Kliniken gibt es heutzutage immer häufiger eine Diskrepanz zwischen medizinisch und wirtschaftlich sinnvollem Handeln. Jeder Arzt muss für sich abwägen, wo er seine Schwerpunkte legt. Meines Erachtens sind viele ärztliche Entscheidungen heute von wirtschaftlichem Interesse geprägt. Dabei bleibt in vielen Fällen die Menschenwürde auf der Strecke. Umso wichtiger ist es, mit einer Patientenverfügung für den Fall der Fälle präpariert zu sein. Als Grundlage zur Erstellung einer Patientenverfügung habe ich einen Leitfaden erstellt.
Bei der Anfertigung meiner eigenen Patientenverfügung wurde mir erst bewusst, wie schwer es ist, diese zu erstellen. Man muss viele Details beachten, die ein Laie gar nicht kennen kann. Viele im Internet erhältliche Patientenverfügungen wurden von Juristen verfasst, denen das Hintergrundwissen des Klinikalltags fehlt. Ich habe eine Lösung gefunden, wie jeder Einzelne sich aus den Informationen in meinem Buch seine eigene, individuelle Patientenverfügung zusammenstellen kann. Die von mir entworfene Patientenverfügung formuliert den Therapiewunsch in bestimmten Lebenssituationen sehr präzise und lässt dadurch kaum Interpretationsspielraum zu.
Ein Fallbeispiel aus meinem Buch
Sie sind 60 Jahre alt. Sie haben eine chronische Lungenerkrankung m Endstadium (COPD bzw. Asthma) und sind aus medizinischer Sicht „austherapiert“. Aufgrund Ihrer Erkrankung ist Ihr Lebensalltag schwer beeinträchtigt. Sie müssen wegen einer seit Tagen zunehmenden Atemnot in eine Klinik aufgenommen werden. Dort bekommen Sie ein Antibiotikum und Ihr Zustand verbessert sich allmählich. Im Laufe des Aufenthaltes kommt es zu einer akuten Verschlechterung. Um weiterleben zu können, müssten Sie an eine Beatmungsmaschine angeschlossen werden.
Möglicher Verlauf A:
Arzt A, dem die Würde des Menschen am Herzen liegt, führt im Vorfeld mit Ihnen und Ihrer Familie ein ausführliches Gespräch. Er erläutert mögliche Therapieoptionen bei einer erneuten Verschlechterung des Zustandes mit Versagen der Lungenfunktion. Sie legen fest, dass Sie im Falle einer Verschlechterung der Atemfunktionen keine invasive Beatmungstechnik, d. h. keine Einführung eines Beatmungsschlauches wünschen. Durch diesen Schlauch wären Ihr Leben und Ihre Bewegungsfreiheit auf Dauer extrem eingeschränkt, da Sie 24 Stunden am Tag angeschlossen sein müssten. Sie halten angesichts dieser Zukunftsaussichten nicht für sinnvoll, alles medizinisch Machbare zu tun. Nach einer anfänglichen Besserung der klinischen Symptomatik kommt es eines Morgens zu einer erneuten Verschlechterung der Lungenfunktion mit Atemnot.
Gemäß Ihrem Wunsch ruft der diensthabende Arzt Ihre Familie an. Daraufhin schlafen Sie unter Schmerzmittelgabe zur Bekämpfung des Gefühles der Atemnot im Beisein Ihrer Familie ein.
Möglicher Verlauf B:
Arzt B (ohne dass die Therapieoptionen im Vorfeld erörtert wurden): Aufgrund einer langsamen Verschlechterung der respiratorischen Funktion (Lungenfunktion) äußern Sie gegenüber dem Pflegepersonal den Wunsch, doch endlich sterben zu dürfen. Als Sie sich bereits in der Sterbephase befinden werden Sie gefragt: „Sie möchten doch noch nicht sterben, oder? Sie sind doch noch zu jung zum Sterben, oder? Also sind Sie mit einer Beatmungstätigkeit einverstanden, ansonsten ersticken Sie doch!“ Da Sie Atemnot und Angst vor einem qualvollen Erstickungstod haben, antworten Sie mit „ja“. Als Folge werden Sie in eine Lungenfachklinik verlegt und sind dort mehrere Monate an einer Beatmungsmaschine angeschlossen. Im schlimmsten Fall werden Sie in einen Zustand gebracht, in dem eine dauerhafte Beatmung in einem Pflegeheim notwendig ist.
Ist ein solcher Zustand für Sie persönlich erstrebenswert? Möchten Sie so leben?
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„Moderne Medizin – Allmacht oder Ohnmacht“
Damit möchte ich auch junge Menschen anregen, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen und rechtzeitig vorzusorgen.
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